Als der Theologe Johann Hinrich Wichern 1839 den Adventskalender erfand, konnte er nicht ahnen, welchen Siegeszug seine Idee antreten würde. Noch unvorstellbarer war damals wohl, dass es einmal Smartphones und Apps geben würde, die es möglich machen, zur Verkürzung der Wartezeit vor einem Fest Menschen an verschiedenen Orten gleichzeitig eine tägliche Botschaft zu schicken. Der erste Telefonapparat entstand erst Jahrzehnte später.
Die Intention Wicherns und die der Telefonerfinder, mit der Zeit auch die Distanz zu verkürzen, vereinen sich auf wunderbare Weise in einem Projekt des Pfarrerehepaares Schäfer aus Steinfeld im Oldenburger Münsterland. Pia Kristin und Christoph Schäfer haben einen Whatsapp-Kalender ins Leben gerufen, mit dem sie während der Fastenzeit täglich etwa 850?Menschen erreichten.
Ein erstes Angebot startet im Advent 2020
Einen Vorläufer gab es bereits im Advent 2020, erzählt Pia Kristin Schäfer. „Angesichts des Lockdowns und der Ungewissheit, wie wir Weihnachten feiern würden, haben wir mit der katholischen Gemeinde Steinfeld für die Menschen im Ort einen Adventskalender geschaffen. Das war kein rein kirchliches, sondern vor allem ein regionales Angebot: Wir hatten verschiedene Chöre, die Pfadfinder, Kindergartengruppen, Grundschulkinder und selbst die Jugendfeuerwehr mit im Boot.“ Sonntags, erinnert sich die Pastorin, gab es geistliche Inhalte. „Manchmal habe ich auch ein Gebet in meinen Status gestellt und war überrascht, wie stark das Feedback der Empfängerinnen und Empfänger gerade bei diesen Themen war.“
Whatsapp-Fastenkalender: tägliche Nachricht in der Passionszeit
So sei der Entschluss gereift, für die Passionszeit 2021 einen Fastenkalender mit deutlich stärkerer geistlicher Ausrichtung zu entwickeln. Seit Aschermittwoch und noch bis zum Ostersonntag gibt es für jeden, der sich per Whatsapp-Nachricht bei Pia Schäfer angemeldet hatte, morgens einen kurzen Text, einen Film, eine Sprachnachricht oder auch ein Bild mit einer tiefsinnigen Frage aufs Smartphone. Inhaltlich hat sich das Ehepaar dabei an der Fastenaktion „Sieben Wochen ohne?…“ der EKD orientiert, die in diesem Jahr unter dem Motto „…?ohne Blockaden“ stand.
Auch Menschen über 80?Jahre sind dabei
Insgesamt aber ist sie begeistert von den Möglichkeiten, die der Messengerdienst ihr bietet. „Die Kontaktbarriere ist sehr gering. Wir haben sogar Menschen über 80, die unseren Kalender nutzen. Insgesamt spiegeln uns die Teilnehmenden, dass sie diese besondere Form der Gemeinschaft gerade jetzt sehr genießen. Viele freuen sich auch einfach, jeden Morgen eine Nachricht zu empfangen.“
Der Whatsapp-Adventskalender 2021 ist deshalb bereits beschlossene Sache, unabhängig davon, wie sich die Pandemie weiterentwickelt. Jetzt müsste also nur noch jemand im Geiste Wicherns einen Kalender erfinden, der die Wartezeit zwischen den digitalen Kalendern aus Steinfeld verkürzt.
von Juliane Moghimi
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