Das Thema Corona-Schnelltest hatte ihn und seine Gemeinde schon länger beschäftigt: Bernhard Busemann, Pastor der evangelisch-lutherischen Christus- und Garnisonkirche Wilhelmshaven, hatte mit Rüdiger Schaarschmidt, Leiter der Evangelischen Familien-Bildungsstätte (EFB) Friesland-Wilhelmshaven, immer wieder bei der Stadt angeklopft, um bei den Testungen voranzukommen. „Wir haben dann Ende Dezember einen Initiativkreis gebildet. Denn es war klar, Kommune und Hilfsdienste haben genug zu tun, es braucht Eigeninitiative und Unterstützung“, sagt Busemann im Rückblick.
Corona-Testzentrum soll schnell und unbürokratisch arbeiten
Und so hat sich der Kreis mit dem Oberbürgermeister im Gemeindehaus getroffen und Nägel mit Köpfen gemacht. Über einen Ehrenamtlichen wurde ein IT-Spezialist ins Boot geholt, der die digitale Infrastruktur samt Internetbuchungssystem unbürokratisch auf die Beine stellte. Potenzielle Mitarbeitende ließen sich von Fachleuten für die Testabnahme schulen. „Wir wollten einen schnellen Ablauf mit kurzem Check-in, einem Rachen– und zwei Nasenabstrichen“, sagt Busemann
An Support hat es den Initiatoren nicht gemangelt. „Kirche kann Ehrenamt, da waren schnell viele Menschen bereit.“ Viele hätten gesagt, wie gut es ihnen tue, wieder gemeinsam etwas bewegen zu können, betont Schaarschmidt. Das Projekt sei ein echtes Ventil gewesen.
Sponsoring finanziert die Arbeit des Corona-Testzentrums
Seit Anfang Februar wird in Wilhelmshaven im Vereinsheim eines großen Sportvereins getestet, es gibt fünf Teststationen und zwei Ehrenamtliche für die Bürokratie. Fünf Euro kostet ein Schnelltest, „wir finanzieren das komplett über Sponsoringgelder“, betont Schaarschmidt. Rund 30?000?Euro seien bereits zusammengekommen. Und seit Mitte März ist ein zweites Testzentrum in Betrieb, in dem auch Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr für die Dokumentation eingesetzt werden.
Foto: C. Dieling
Auch der Oldenburger Bischof Thomas Adomeit hat schon das Corona-Testzentrum an der Wilhelmshavener Freiligrathstraße besucht, um sich testen zu lassen. Eine Helferin führt einen Nasenabstrich durch.
Die mittlerweile knapp 100?Ehrenamtlichen kommen aus ganz unterschiedlichen Bereichen?– aus der Kirche, aus dem Sport, von Unternehmen. „Es ist ein breites Bürgerbündnis, Menschen zwischen 18 und 76?Jahren sind tatkräftig dabei“, so Busemann. Rund 500?Menschen nehmen das Angebot täglich wahr, das Ergebnis erhalten sie nach 15?Minuten mittels einer Nachricht auf ihrem Handy. Negativ Getestete bekommen zusätzlich einen QR-Code zum Ausdrucken zugeschickt, mit dem sie drei Tage lang ihre Angehörigen in Altenheimen und Krankenhäusern besuchen dürfen. „Das nur elektronisch Termine gebucht werden können, ist vielleicht nicht für alle einfach“, räumt der Pastor ein. Allerdings sei der Ablauf so weitaus sicherer. Und für Fragen rund um die Technik stehen wiederum Ehrenamtliche an einer Hotline in einem Familienzentrum zur Verfügung, die weiterhelfen. „Der Bedarf ist da, wir erhalten bis zu 100?Anrufe täglich“, sagt Schaarschmidt.
Busemann und Schaarschmidt sind zudem durchaus stolz auf die offenbar qualitativ gute Arbeit bei den Abstrichen. „Die Aufgabe wird sorgfältig bewältigt, knapp 100?Prozent unserer Positivquote wurden durch die PCR-Tests bestätigt.“ 46 positive Fälle wurden im Zentrum bereits herausgefischt seit dem Start es Projektes, „eine sichere Sache“, wie Busemann betont.
Testzentrum der Wilhelmshavener Kirche wird bereits nachgeahmt
Den Initiatoren ist es zudem wichtig, dass das Standing von Kirche in der Gesellschaft sehr honoriert werde. „Wir machen viele Menschen glücklich, sie sind dankbar, nicht zuletzt auch wegen der Möglichkeit, einander zu begegnen“, sagt der Pastor. Auch die Möglichkeit, mittels unkompliziertem Schnelltest Angehörige etwa in Pflegeheimen besuchen zu können, stoße auf viel Resonanz, so Schaarschmidt. „Wir unternehmen aktiv etwas gegen die Krise.“ Auch an Ostern wird getestet. Das Wilhelmshavener Modell wird derweil bereits nachgeahmt. „In Varrel und im Kreis Ammerland werden ähnliche Zentren nach unserem Vorbild eingerichtet“, meint Schaarschmidt.
Aktiv gegen die Krise?– und gegen das Alleinsein
Auch die kostenlosen Bürgertests werden seit einigen Tagen angeboten. Seitdem ist der Zulauf noch größer. „Viele schätzen die freundliche Atmosphäre in den Zentren und die Möglichkeit, dem Alleinsein ein bisschen zu entkommen“, betont Schaarschmidt. Dass das Testprojekt bei Bürgerinnen und Bürgern und Ehrenamtlichen ankommt, zeigt nicht zuletzt die kleine Spendenkasse. „Da sind schon 4000?Euro drin.“
von Susanna Bauch
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